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Demonstrationen

Nachdem am Mittwochabend nocheinmal für die Uploadfilter gestimmt wurde, wurde in Köln relativ spontan am Samstag Mittag eine Demonstration veranstaltet, zu der ca. 1.500 Personen kamen. Wenn man bedenkt, dass die Veranstaltung in weniger als zwei Tagen geplant wurde, ist das eigentlich eine ganz gute Teilnehmerzahl. Durch einige Teilnehmer wie Sep (PietSmiet), HerrnNewstime, Sturmwaffel, die Marmeladenoma u.s.w. schalteten durch ihre Streams weitere 20.000 Personen live dazu.

Vor der Europawahl ende März am 26. Mai sollen schon am 23.03.2019 in ganz Europa ähnliche und größere Veranstaltungen statt finden, um gegen die Uploadfilter zu demonstrieren.

Abgeordnete anschreiben

An vielen Stellen wird darauf verwiesen, dass man den Abgeordneten E-Mails schicken oder direkt anrufen könne um ein wenig Druck auszuüben bzw. auch neue Aspekte der ganzen Geschichte zu übermitteln. Ich vermute einfach mal, dass eine große Anzahl an versendeten E-Mails einen Standardtext enthalten. Um selber aber auch mitmachen zu können, habe ich heute Abend eine höfliche Nachricht mit meinen Ansichten und Bedenken verfasst und für die jeweiligen Parteien und teilweise Politiker noch angepasst. Insgesamt habe ich heute Abend 43 unterschiedliche E-Mails an Politiker geschickt, die sich für die Uploadfilter ausgesprochen haben oder noch unschlüssig zu dem Thema sind.

Angesichts der großen Flut an E-Mails an die Politiker gehe ich davon aus, auf die meisten E-Mails keine Antworten oder lediglich Standardtexte zurück zu bekommen. Im Laufe der nächsten Tage werde ich diese Antworten aber auf jeden Fall hier posten. Also: Stay tuned.

Mail an Abgeordnete

Diese E-Mail habe ich (für jeden Empfänger passend modifiziert) an 42 Politiker gesendet. Inzwischen haben immerhin zwei davon geantwortet. Das sind immerhin schon 4.8 Prozent. Beispielhaft zeige ich euch hier die Mail, wie ich sie an Herrn Voss, welcher die ganze Sache ursprünglich vor zwei Jahren ins Rollen gebracht hat geschickt habe. Im Anschluss findet ihr die bisherigen Antworten. Es verwundert nicht, dass Herr Voss noch nicht unter den Antworten zu finden ist. Vermutlich hat er aber gerade sowieso mit einer Vielzahl an eingehenden Nachrichten zu kämpfen:

Sehr geehrter Herr Voss,

mein Name ist Marius Timmer (24 Jahre) und ich komme aus dem schönen Münsterland. Schon seit einiger Zeit verfolge ich Ihre Arbeit auf europäischer Ebene auch bezüglich des Leistungsschutzrechtes. Wie alle in meinem Alter verbringe ich täglich viel Zeit im Internet. Seit mehr als einem Jahr versuche ich mich nun kreativ an der Gemeinschaft in Form von YouTube-Videos und meinem eigenen Blog zu beteiligen. Daher würde mich das geplante Leistungsschutzrecht in der derzeitigen Form betreffen, weswegen ich Ihnen nun schreibe.

Dass Journalisten, Autoren, Schauspieler und alle anderen Kreativen für ihre Arbeit gerecht bezahlt werden sollen steht außer Frage. Allerdings ist es auch zum jetzigen Zeitpunkt schon verboten, urheberrechtlich geschützte Inhalte ohne eine Erlaubnis/Lizenz zu nutzen. Wenn ich beispielsweise ein Bild eines Fotografen in meinem Blog hinzufügen möchte, muss ich zuerst den Rechteinhaber um Erlaubnis beten. Durch das neue Leistungsschutzrecht würde sich daran auch nichts ändern. Der einzige Unterschied bestünde darin, dass die Inhalte vor dem Hochladen geprüft werden müssten. Wir wissen, dass es Programme gibt (zum Beispiel die YouTube Content ID), die geschützte Inhalte erkennen sollen. Allerdings ist die Fehlerquote dieser Anwendungen erstaunlich hoch. So werden freie Werke als geschützt erkannt (auch wenn es die eigenen sind) und unberechtigte können fälschlicher weise Rechte einfordern. Das hat zumindest die Vergangenheit bei den weltweit größten Filtern gezeigt. Und wenn die es nicht richtig hin bekommen, wird es niemand schaffen einen Algorithmus zu entwickeln, der eine akzeptable Fehlerquote hat.

Außerdem ist nicht zu vernachlässigen, dass die Einsatzgebiete solcher Filter schnell beliebig ausgeweitet werden könnte. Zum aktuellen Zeitpunkt mag es dazu noch keine Pläne geben und es klingt auch undenkbar. Angesichts der immer beliebter werdenden Populisten wie Trump, Putin oder Erdogan: Wer schützt uns denn davor, dass solche Leute auch hier mehr Macht bekommen und eines Tages bestimmen können, was gefiltert werden soll. Wenn ein derartiger Mechanismus einmal existiert, kann er beliebig angepasst werden.

Gestern habe ich ein Wahlplakat der CDU gesehen. Es trug die Aufschrift: "Europa muss man richtig machen" - In den Augen der jungen Wähler wäre das Leistungsschutzrecht in seiner aktuellen Form auf jeden Fall ein Schritt in die falsche Richtung. Daher, aber auch aus Sorge um unsere Demokratie und unser geliebtes Europa, bitte ich Sie, Ihre Entscheidung zum Leistungsschutzrecht noch einmal zu überdenken.

Mit freundlichen Grüßen,

Marius Timmer

P.S.: Entgegen der Aussage von Herrn Sven Schulze bin ich fest davon überzeugt, dass die vielen eintreffenden Nachrichten und Appelle von jungen Menschen wie mir stammen und nicht von automatisierten Programmen (Bots) der großen Konzerne wie Google, Facebook und co.. Außerdem bin ich mir ziemlich sicher, dass es sich nicht um Fakenews handelt.

Nach knapp zwei Tagen bekam ich dann sogar tatsächlich auch meine erste Antwort von Markus Ferber (CSU):

Sehr geehrter Herr Timmer,

haben Sie vielen Dank für Ihre Zuschrift zur Urheberrechtsreform, in der Sie Ihre Bedenken, insbesondere bezüglich Artikel 11 und 13, äußern.

Wie Sie vielleicht wissen, haben sich Vertreter der Kommission, des Rates und des Europäischen Parlaments am 13. Februar auf einen Kompromiss zur Urheberrechtsreform geeinigt. Nun wird diese politische Einigung von den Sprachjuristen überprüft, als Rechtstext verfasst und anschließend in alle Amtssprachen übersetzt.

Erst dann liegt der finale Gesetzestext vor, der schließlich erneut von Rat und Parlament bestätigt werden muss. Ich werde den Text eingehend prüfen, sobald er mir vorliegt.

Einstweilen nehme ich Ihre Bedenken zur Kenntnis und werde sie für die finale Abstimmung, deren Zeitpunkt noch nicht feststeht, im Hinterkopf behalten.

Für Ihre Ansichten zu diesem wichtigen Thema bedanke ich mich ganz herzlich und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Markus Ferber, MdEP

Nach einer Woche erhielt ich dann meine zweite Antwort von Frau Inge Gräßle (CDU):

Sehr geehrter Herr Timmer,

zunächst möchte ich Ihnen für Ihre E-Mail und Ihr Interesse an der geplanten Reform des Urheberrechtes im Binnenmarkt danken.

Im Internet gibt es die Sorge, dass die geplante Reform des europäischen Urheberrechts zu einem Aus für YouTuber führen würde und das „Ende des freien Internets“ bedeute. Fakt ist aber: YouTuber bzw. Nutzer von Online- Plattformen werden auch in Zukunft weiterhin das tun dürfen, was sie heute tun, nämlich kreative Inhalte hochladen. In der Reform des Urheberrechts geht es darum, die Position derjenigen zu stärken, die die Rechte an ihren kreativen Werken haben und darüber mit großen Online-Plattformen verhandeln müssen. Das neue EU-Gesetz soll ihnen so eine bessere Vergütung für die Nutzung ihrer kreativen Inhalte ermöglichen. Derzeit bleibt die Wertschöpfung weitestgehend bei den Plattformen.

Artikel 11 führt eine neues Recht für Presseverleger ein. Dieses Recht gibt den Presseverleger die Möglichkeit, Geld von den Plattformen zu verlangen, wenn sie ihre Presseerzeugnisse nutzen. Will also auch eine Suchmaschine Presseartikel veröffentlichen und nicht nur verlinken, so können die Presseverleger hierfür eine Bezahlung verlangen. Hyperlinks und einzelne Wörter sowie private und nicht kommerzielle Nutzungen von Presseerzeugnissen sind von Artikel 11 ausgenommen. Journalisten sollen an den zusätzlichen Einnahmen beteiligt werden.

Mit Artikel 13, der für die meiste Kritik sorgt, soll erreicht werden, dass Plattformen, deren Geschäftsmodell auf der Verbreitung urheberrechtlich geschützter Materialien basiert für diese auch bezahlen müssen. Bisher ist die Rechtslage so, dass im Falle eines Uploads von zum Beispiel Musik ohne das Einverständnis des Eigentümers, derjenige haftbar ist, der den Upload vorgenommen hat. Artikel 13 ändert diese Rechtslage. Anstatt jeden einzelnen Nutzer haftbar zu machen, soll nunmehr die Plattform haften. Die Plattform muss dann entweder eine Lizenz erwerben, die die nichtkommerziellen Uploads der Nutzer mit abdeckt (das schützt also den Nutzer) oder aber Sorge dafür tragen, dass niemand Inhalte hoch lädt, die ohne das Einverständnis des Eigentümers (z.B. Sängers) hochgeladen werden. Wenn die Plattform weder eine Lizenz kauft, noch den Upload irgendwie verhindert, kann der Eigentümer die Plattform verklagen, anstatt gegen die Nutzer vorzugehen. Dies schützt also direkt alle privaten Nutzer.

Wie sollen Plattformen Uploads überprüfen? Im Text steht, dass die Plattformen nach industrieüblichen Standards größtmögliche Anstrengungen („best efforts“) machen müssen, um nicht autorisierte Werke ausfindig zu machen. Diese „best efforts“ müssen zudem nur verhältnismäßig zur Plattformgröße, Besucherzahl und Menge der Werke stehen. Eine kleinere Plattform muss daher nicht dieselben Anstrengungen vornehmen, wie eine größere. Eine technologische Überprüfung durch Identifizierungssoftware ist aber auch nicht verboten, um die künstlerischen Werke zu erkennen, die nicht hochgeladen werden dürfen. Diese wird zwar gerne als „Upload-Filter“ bezeichnet, ist aber in der Sache nicht gleichbedeutend, weil diese nur auf die Daten reagiert, die der Rechteinhaber vorher der Plattform zur Verfügung gestellt hat.

Wikipedia, Open-Source-Plattformen, nicht-kommerzielle Plattformen, Dropbox, Ebay oder Datingportale fallen nicht unter den Artikel 13. Auch Plattformen, die wenige Werke veröffentlichen und Kleinst- und kleine Unternehmen, wie Start-Ups, sind von Artikel 13 ausgenommen. Wer bis zu 10 Millionen Euro globalen Jahresumsatz, bis zu 5 Millionen Euro monatliche Onlinebesucher aufweist und als Unternehmen nicht älter als drei Jahre ist, soll deutlich geringere Pflichten erfüllen müssen. Zudem werden Memes und Gifs nicht betroffen sein. Der User kann hier nicht haftbar gemacht werden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Inge Gräßle