Haben Blogs Nachwuchs?
Bin ich eigentlich noch Nachwuchs?
Als ich mir diese Frage gestellt habe, musste ich mir unweigerlich die Folgefrage stellen: “Bin ich eigentlich noch Nachwuchs?”. Die Antwort liegt wohl auf der Hand: Mit 31 Jahren und einem über zehn Jahre alten Blog wohl eher nein. Viel zu selten denke ich daran, wie lange ich das eigentlich schon mache. Auch wenn ich hier hauptsächlich mein eigenes Süppchen koche, ist dies eine Konstante, die sich schon fast durch mein halbes Leben zieht.
In meiner Vorstellung habe ich noch gar nicht verarbeitet, dass ich eben keine 20 Jahre mehr jung bin. Daher würde ich zumindest von mir selber behaupten, dass ich einmal zum Nachwuchs gehörte - aber wer tat das nicht?
Wie es bei mir war
Die erste Berührung mit dem Internet hatte ich 2004. Damals fing ich bei der Schülerzeitung an und bekam auch direkt eine E-Mail-Adresse. Allerdings war ich noch weit davon entfernt auch nur zu begreifen, was das Internet eigentlich in voller Gänze ist. Allerdings erinnere ich mich auch daran, wie einige Jahre später Facebook und Twitter auf kamen. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich (vermutlich durch den Gruppen-Zug) eigentlich nur auf Facebook und ICQ unterwegs war - SchülerVZ war nicht mehr angesagt. Immer wieder las ich von Leuten, die auf Twitter waren. Das war ein ganz anderer Vibe - würden die jungen Kids heute vermutlich sagen. Twitter - oder viel eher das Absetzen der kurzen Statusmeldungen, die sich inhaltlich doch fundamental von denen auf Facebook unterschieden - faszinierte mich. Noch zu Schulzeiten holte ich mir eine eigene Webseite beim Homepage-Baukasten und werkelte an meiner ersten eigenen Internetseite herum, auf der ich auch bloggte, ohne es selber zu begreifen.
Gerade weil ich noch zu Schulzeiten eine eigene Webseite hatte, auf der ich meine Gedanken teilte, kann ich vielleicht eine Einschätzung geben, wieso junge Leute im Schulalter noch nicht viel Bloggen - zumindest nicht in dem Sinne, wie wir es verstehen.
Eine Verschiebung der Plattformen
Eine Voraussetzung um seine Gedanken im Internet zu teilen ist, dass man einen Ort hat, an dem man schreiben kann. Die wenigsten 16 Jährigen wissen, wie man eine eigene Seite im Internet hostet - auch wenn es sicherlich eine Menge gibt, die es wissen. Glücklicherweise leben wir aber auch in Zeiten, in denen man nicht mehr wissen muss, wie die Technik dahinter funktioniert. Schon zu meiner Zeit bauten sich vielleicht einige eine eigene Seite mit irgendwelchen Baukästen, aber ein großer Teil ging zu Tumblr oder auch Blogspot.
Sie haben kein Bedarf
Einer der Hauptgründe, wieso Leute unter 20 Jahren aber nur in Einzelfällen wirklich bloggen ist wohl, dass sie gar keinen Bedarf haben. Sie sehen keinen Sinn darin, einen eigenen Blog zu betreiben, wenn sie das auch auf Instagram oder TikTok machen können. Auf Social Media haben sie ihre Freunde und Bekannte und teilen ihr Leben mit ihnen in Stories. Vor allem kennen sie aber “das System” und wissen, wie es funktioniert. Wieso sollten sie bekanntes Territorium verlassen?
Wenn ihnen etwas auf der Seele brennt, was mit der ganzen Welt geteilt werden soll, versucht man eher, einen möglichst viralen Beitrag (als Post, Story, Reel, oder was auch immer) zu teilen.
Besteht überhaupt Interesse?
Auch auf die Gefahr hinaus, dass ich damit wie ein Boomer klinge, möchte ich auch mal die These in den Raum stellen, dass es vermutlich weniger thematische Schnittmengen gibt. Gerade sehr junge Menschen interessieren sich vermutlich für Dinge, die Leuten ab dreißig recht egal sind. Drastisch formuliert, interessieren sich junge Leute vielleicht eher für Klatsch und Tratsch (vor allem im eigenen Freundeskreis). Das lässt sich aber auch übertragen: Das Interesse bei jungen Leuten für Geopolitische Themen ist vielleicht nicht so stark ausgeprägt - sicherlich aber trotzdem vorhanden.
Mir ist bewusst, dass gerade letztere These ein hot Take und etwas überzogen ist. Aber vielleicht ist ja doch etwas dran.
Wie könnte man zusammen kommen?
Wenn man als mehr von jungen Leuten mitbekommen möchte, ist es vielleicht ratsam, dort nachzusehen, wo sie sich herum tummeln: TikTok und Instagram. Allerdings befürchte ich, dass diese Plattformen eine einzige Reizüberflutung darstellen, wenn man es nicht gewohn ist - zumindest fühle ich mich häufiger so.
Und ob die Themen der anderen Generation so spannend sind, ist auch fraglich. Wobei dies beim Bloggen ebenfalls gilt.